06.11.2025

Durch eine europaweite wildökologische Raumplanung könne auch für den Wolf ein Lebensraum gefunden werden – Tirol eigne sich jedoch ganz klar nicht, erklärt LH-Stv. Josef Geisler. (Foto: Jim Cumming – stock.adobe.com)
Dass sich der Wolf in Europa wohlfühlt ist hinlänglich bekannt. Laut Angaben des Landwirtschaftsministeriums werden seit Beginn des Jahrtausends jährliche Zuwachsraten von bis zu 30 Prozent erreicht. 2023 wurden europaweit 21.500 Wölfe gezählt. „Aus allen Himmelsrichtungen können Wölfe nach Österreich einwandern“, weiß Wildbiologin Jennifer Hatlauf, Hauptautorin der Studie „Projekt Lebensraum- und Konfliktpotentialmodell für den Wolf in Österreich“. Mit der zunehmenden Verbreitung des Wolfs steht die traditionelle Weidewirtschaft im Alpenraum vor größten Herausforderungen. Im Vorjahr wurden in Österreich 340 Weidetiere von Wölfen gerissen, heuer waren es allein bis August bereits 224, der überwiegende Anteil davon Schafe. 56 Tiere wurden durch Wolfsangriffe bisher verletzt. „Viele Fragen harren der Beantwortung“, so die Boku-Wissenschafterin. Genau hier setze die neue Studie an.
Lebensraum mit großem Konfliktpotenzial
Im Auftrag des Ministeriums hat die Universität für Bodenkultur wissenschaftlich fundiert untersucht, wo der Wolf in Österreich rein ökologisch gesehen geeignete Lebensräume findet und wo diese Flächen gleichzeitig vom Menschen und von Nutztieren genutzt werden, sodass Konflikte entstehen können. Bei der Studie wurde zunächst mittels statistischer Methoden eine Karte für den aus ökologischer Sicht potenziellen Lebensraum von Wölfen in Österreich errechnet. Es zeigt sich, dass etwa Wald und dünner besiedelte Gebiete für Wölfe grundsätzlich attraktiv sind. Eine zweite Karte zeigt, wo höheres Konfliktpotenzial mit dem Menschen auftreten kann, beispielsweise durch die Anfälligkeit für Nutztierrisse in Almregionen. Die Kombination dieser beiden Karten ergibt das „Kombinationsmodell“, das ein wichtiger Baustein für künftiges Wolfsmonitoring und aktives Wolfsmanagement sein kann.
Die Ergebnisse zeigen: Österreich verfügt durch seine Landschaftsstrukturen über weitläufige, potenzielle Lebensräume für den Wolf. Gleichzeitig bestehen in diesen Gebieten jedoch auch hohe Konfliktpotenziale, meist aufgrund der Nutztierhaltung, der Almwirtschaft bis hin zum Tourismus bzw. Freizeitwirtschaft.
Baustein auf dem Weg zum Wolfsmanagement
„Die vorliegende Studie ist ein wichtiger Baustein auf dem Weg zu einem funktionierenden und wissenschaftlich gut abgesicherten Wolfsmanagement in Österreich“, erklärte Landwirtschaftsminister Totschnig. Dort, wo der Wolf für Konflikte sorge, bedarf es „praktikabler Lösungen“ um die Balance in der Kulturlandschaft aufrechtzuerhalten. Totschnig: „Am Ende braucht es ein aktives Management.“ Die Absenkung des Schutzstatus laut Berner Konvention und Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie seien erste notwendige Schritte gewesen. Nun gehe es um die Feststellung des günstigen Erhaltungszustands, welche die Basis für Regulierungsmaßnahmen sei. Der Minister hat zu diesem Zweck bereits eine weitere Studie beauftragt: „Auf nationaler Ebene wird ein aktives Wolfsmonitoring ausgehend von Niederösterreich umgesetzt.“
Erhaltungszustand EU-weit relevant
Tirols Bauernbundobmann LH-Stv. Josef Geisler warnte indes vor einer allzu regionalen Betrachtung: „Der Wolf kennt keine Landesgrenzen. Darum braucht es beim Management auch eine gemeinsame, überregionale Herangehensweise.“ Im dicht besiedelten und landwirtschaftlich intensiv genutzten Gebiet sei das Konfliktpotenzial schlicht zu groß, in anderen Regionen Europas wäre aber wohl Platz für das Großraubtier, so Geisler und forderte: „Im Grunde braucht es eine europaweite wildökologische Raumplanung, die auch den Lebensraum des Wolfes berücksichtigt.“ Ein europaweites Management ist Ministeriumsangaben zufolge auch im Hinblick auf die jüngste EU-Judikatur von Nöten. Demnach darf eine Art nicht allein anhand der nationalen Gesamtpopulation bewertet werden. Vielmehr sei der Erhaltungszustand auf der Ebene der EU-Mitgliedstaaten zu betrachten.
Auf Landesebene laufen aktuell die Vorbereitungen auf die Jagdgesetzesnovelle, die bereits im Almsommer 2026 in Kraft getreten sein soll. „Entnahmen müssen möglichst unbürokratisch, rasch und ohne unnötigen Verzögerungen stattfinden können – hierfür gilt es, den europäischen Rechtsrahmen auszureizen. Es braucht eine rechtssichere und nachhaltig haltbare Weiterentwicklung des Tiroler Weges im Wolfsmanagement“, erklärt Geisler. Mit einer Neuregelung im Sinne des Kärntner Modells soll nicht nur die Entnahme von Risiko- und Schadwölfen erleichtert werden – man wolle den Almbewirtschaftern und Almpersonal mit Jagdschein auch die Möglichkeit geben, bei Gefahr in Verzug (unmittelbare Bedrohung oder gegenwärtige Gefährdung von Nutztieren) zu handeln.

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