ALMGESCHICHTE FOLGE 7: Wie geht es weiter nach dem Wolf?

In Osttirol blickt der Landwirt Paul Lugger positiv in die Zukunft, obwohl er seine Schafe aufgrund von Rissereignissen bereits zum zweiten Jahr in Folge verfrüht von der Kerschbaumer Alm abtreiben musste.

28.08.2025

123 Lämmer und Mutterschafe bleiben Paul Lugger nach den Wolfsrissen. (Fotos: Paul Lugger)


Im Jahr 2024 wurde erstmals in allen Tiroler Bezirken die Präsenz von großen Beutegreifern nachgewiesen. Verglichen mit anderen großen Beutegreifern verzeichnete der Wolf die größte Präsenz. 152 entschädigte tote Nutztiere, also rund 72 % aller Entschädigungen in diesem Jahr, konnten Wölfen als Verursachern zugeordnet werden. 2025 wurden durch das Tiroler Modell der Maßnahmenverordnung bereits 19 Abschussverordnungen erlassen, fünf davon konnten von der Jägerschaft erfüllt werden.

Mit Beschluss des Europäischen Parlamentes vom 8. Mai 2025 und Beschluss des Rates der Europäischen Union vom 5. Juni 2025 wurde kürzlich zwar eine Herabstufung des Schutzstatus des Wolfs beschlossen, die Präsenz großer Beutegreifer sorgt in Tirol aber nach wie vor für Rissgeschehen und stellt eine Belastung für die heimische Landwirtschaft dar. Dass der Druck aus den Regionen auf die Europäische Union gerechtfertigt ist, zeigte sich im Juni exemplarisch auf der Kerschbaumer Alm im Gemeindegebiet von Amlach.

Paul Lugger (27) mit Johanna Jandl (23) und dem gemeinsamen Sohn Paul (1,5).


Anzeige durch Tierschutzorganisation
Für den Osttiroler Schafbauern Paul Lugger verlief bereits die Almsaison 2024 nicht wie gewünscht. „Der Sommer war ruhig, wie auch in den Jahren zuvor. Am 14. August erreichte mich ein Anruf, dass zwei Schafe tot aufgefunden wurden. Die Amtstierärztin hat bestätitgt, dass das Rissbild dem eines Wolfes entspricht. Darauhin haben die anderen beiden Almauftreiber und ich unsere Schafe von der Alm geholt. Eigentlich wären unsere Schafe bis Mitte September dort geblieben. Von 213 aufgetriebenen Tieren wurden 26 entweder vom Wolf gerissen, blieben vermisst oder musste notgeschlachtet werden", blickt Paul Lugger zurück.

Seit 20 Jahren treibt die Familie von Paul Lugger auf die Kerschbaumer Alm auf. Herdenschutzmaßnahmen sind dort aufgrund der Topographie nicht möglich. Die gebirgige Lage grenzt die Weide auf natürliche Weise durch Felsen ein – bislang gab es keine Probleme beim Schafauftrieb. Zusätzlich zum Verlust seiner Tiere und dem verfrühten Almabtrieb erhielt Lugger eine Anzeige von Tierschutz Austria.

Verwiesen wird auf Paragraph 19 des Tierschutzgesetzes: „Tiere, die vorübergehend oder dauernd nicht in Unterkünften untergebracht sind, sind soweit erforderlich vor widrigen Witterungsbedingungen und soweit möglich vor Raubtieren und sonstigen Gefahren für ihr Wohlbefinden zu schützen." Diesem Schutz sei Paul Lugger nicht nachgekommen, da er keine Herdenschutzmaßnahmen ergriffen habe. Zwischenzeitlich wurde diese Anzeige durch die Bezirkshauptmannschaft Lienz für nichtig erklärt. Bereits im Juli 2024 zeigte Tierschutz Austria unter anderem LH Anton Mattle und seinen Stellvertreter Josef Geisler wegen Amtsmissbrauchs in Sachen Wolf an.

Drei Landwirte bestoßen 2025 die Kerschbaumer Alm mit knapp 300 Schafen.


Zum zweiten Mal verfrühter Abtrieb
2025 sollte die Almsaison noch kürzer ausfallen. 296 Schafe wurden Anfang Juni Paul Lugger und drei anderen Landwirten auf die Kerschbaumer Alm aufgetrieben. Zum zweiten Mal in zwei Jahren schlägt der Wolf dort zu. Am 15. und 16. Juni wurden im Almgebiet sieben tote Schafe aufgefunden. „Wir haben auf den Abschussbescheid gewartet und in der Zwischenzeit immer abwechselnd nach den Schafen gesehen. Das ist eine unlösbare Aufgabe, wenn man bedenkt, dass wir alle Nebenerwerbsbauern sind und die Risse über eine Fläche von 200 Hektar verteilt waren", erklärt Lugger. Die Jägerschaft war nach Erlass des Abschussbescheides informiert, konnte aber den Wolf nicht entnehmen. Trotz Sichtung auf der Wärmebildkamera war durch weite Entfernungen ein Abschuss nicht möglich.

Am 21. Juni ist die Zahl der toten Schafe auf 50 angestiegen, und die Landwirte entschieden sich für den Abtrieb ihrer Tiere von der Kerschbaumer Alm. „Nach 14 Stunden Fußmarsch und Tierleid ohne Ende wird man nachdenklich, wie es in Zukunft weitergehen soll", schreibt Paul Lugger dazu in den sozialen Medien.

Die Entschädigungsmeldungen bringen zudem zeitaufwändige Dokumentationspflichten mit sich. Ein mühsamer Prozess, da es auch sonst nicht an Arbeit fehlt. In dieser Zeit habe er aber auch viel Unterstützung erfahren, so Paul Lugger.

Gerissenes Schaf auf der Kerschbaumer Alm im Sommer 2025.


Positiv in die Zukunft blicken
123 Stück Lämmer und Mutterschafe (Bergschaf braun/gescheckt und Brillenschafe) hat der Landwirt nach dem Riss. Nach einer Woche auf dem heimatlichen Betrieb findet er für seine Tiere einen Platz im Debanttal, wo sie ihren Almsommer in diesem Jahr verbringen können. Für Paul Lugger ist das nur eine vorübergehende Lösung: „Unsere Schafe kennen sich dort nicht aus, deshalb verläuft der ganze Prozess suboptimal. Wir haben uns vorgenommen, im nächsten Jahr wieder auf die Kerschbaumer Alm aufzutreiben. Wir müssen eben enger mit der Jägerschaft zusammenarbeiten, und wenn nötig leichte Herdenschutzmaßnahmen ergreifen, etwa wie die Schafe verstärkt an einem Ort zu halten."

Unterdessen wird am Kerschbaumer Hof von Paul Lugger und seiner jungen Familie ein deutliches Zeichen für die Zukunft gesetzt: Ein neuer Stall wird gebaut. „Falls es erneut zu einem solchen Vorfall kommen sollte, haben wir ein Ausgleichswerkzeug, um die Schafe nötigenfalls auch bei heißen, sommerlichen Temperaturen im Tal behalten zu können. Trotz allem was passiert ist, müssen wir eine positive Einstellung beibehalten", so Lugger abschließend.

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