Almgeschichte FOLGE 4: „Die Goaß isch ein cooles Viech“

Urban Lentsch, Pächter der Verpeil Alpe im Kaunertal, betreibt ein erfolgreiches Ziegen-KLAR-Projekt.

25.07.2024

Urban Lentsch (links), Beihirte Gabriel und das tüchtige Ziegenvolk. (Fotos: Fam. Lentsch)


Als ich zum ersten Mal mit Urban Lentsch von der Verpeil Alpe im Kaunertal telefoniere, höre ich zuerst emsiges Glockengebimmel im Hintergrund, dann meldet er sich etwas atemlos. „Iatz geht's grad gar nit, i bin beim Viechtreib'n!"

Ja, da hat er zu tun, seine Viehherden bestehen aus 100 Stück Jungvieh und 250 Ziegen, die er heuer zum ersten Mal gemeinsam mit einem Beihirten betreut. Die Goaßn sind sozusagen Teilnehmerinnen an einem KLAR-Projekt, das vom Klima- und Energiefonds mitfinanziert wird. Sie wechseln unter Urbans Anleitung selbstbewusst von einer abgezäunten Weidefläche zur nächsten, als seien sie sich ihrer wichtigen Aufgabe bewusst, die Sträucher in den Randgebieten der Alm abzufressen und zurückzudrängen, damit Futtergras wachsen kann.

Das ist auch im Interesse der Gemeinde Kaunertal, die das Projekt unterstützt, denn das Gebiet befindet sich im Bereich der Mooslawine unterhalb des Mooskopfs, und gut beweidete Almflächen bedeuten auch mehr Sicherheit fürs Tal, weil lange Gräser und Sträucher bekanntlich Rutschbahnen für Schnee und Muren sind.

Deutlich positive Effekte
Der Kaunertaler und begeisterte Hirte Urban Lentsch, der bereits als Jugendlicher auf Almen Vieh hütete, hat die Verpeil Alpe (sie gehört der Gemeinde Prutz und beginnt auf 1.800 Meter Höhe) vor vier Jahren gepachtet und letztes Jahr das Ziegenprojekt gestartet. Dabei sah er deutlich positive Effekte: „Sie haben so viel weggefressen, wie wir uns erwartet haben!" Deshalb nahm er sich für den heurigen Sommer vor, die Zahl der Ziegen zu erhöhen. Sein Aufruf auf Facebook war mehr als erfolgreich: Es meldeten sich so viele Ziegenbesitzer aus ganz Tirol, dass er die Annonce gleich wieder löschte, weil bereits nach zwei Tagen das Kontingent ausgeschöpft war.

Hier gut sichtbar: Die eingezäunten Koppeln für die Ziegen.


Sie müssen Zutrauen haben
„Die Goaß isch ein cooles Viech, aber man muss mit ihr umgehen können", meint Urban und erzählt, dass er und seine Frau Romana in der ersten Zeit auf der Alm mindestens Dreiviertel vom Tag bei den Ziegen verbringen. „Wenn sie so viel Zutrauen haben, dass sie einem das Salz aus der Hand fressen, dann kommen sie auch, wenn man sie ruft. Das ist besonders wichtig, wenn die Tiere von einer Koppel auf die nächste gelotst werden oder wenn mal die eine oder andere ausbüchst. Aber weil wir sehr gute Zäune bauen, ist das eher selten der Fall." Auch der vierjährige Vinzent, Urbans und Romanas almbegeisterter Sohn, ist mit von der Partie und erfreut sich an den Ziegen, aber auch an den Hennen, Truthennen und Schweinen, die Urban auf die Alm mitgenommen hat.

Als ehemaliger Profi-Langläufer hat der 1994 geborene Almpächter genügend Kondition, wenn doch einmal ein Jungrind oder eine Ziege weiter oben am Berg steht. Für ihn und seine Familie ist trotz der anstrengenden Arbeit die Alm der schönste Ort, familiäre Gemeinsamkeit zu leben, der Natur ganz nahe zu sein und Zusammenhalt zu pflegen. „Am besten ist es, wenn man auch mit den Forstbeamten und Jägern gut auskommt, deshalb pflegen wir zu allen einen guten Kontakt, denn gerade in den Bergen ist Zusammenhalt noch wichtiger."

Auch ein Ort für die Seele: die von Wäldern umgebene Verpeil Alpe.


Gute Almnachbarn
Guten Kontakt pflegen Urban und Romana auch mit ihrer Almnachbarin, Agnes Gram, Pächterin der Verpeilhütte auf 2.025 Meter. Man trinkt oft gemeinsam Kaffee und hilft sich gegenseitig aus. Agnes Gram ist die gute Seele auf der Verpeilhütte und bereits eine Institution. Im Kaunertaler Zeitzeugengespräch www.kaunertaler-zeitzeugen.at/film/134 erzählt sie über ihre Liebe zu den Bergen, die sich immer wieder bestätigt: „Jeder Sommer ist so lehrreich, schon als Madl habe ich auf den Bergen gelernt, was mir unten im Tal geholfen hat. Ich kam zuerst ganz schwer mit der Gesellschaft zurecht, deswegen bin ich in die Berge geflüchtet und jetzt habe ich gelernt, dass wir, egal wo wir sind, in unserer Mitte sein sollen. Im Kaunertal habe ich innere Ruhe gefunden."

Auch für Urban Lentsch, von Natur aus ein ausgeglichener Typ, ist die Alm Kraftquelle und Selbstbestätigung. Wenn er am Ende des Sommers eine ausgiebige Almrunde absolviert und die abgeweideten Flächen begutachtet, ist er zufrieden und sagt sich: „Du hast deinen Job gut gemacht!"


ZUSCHRIFTEN:

Irene Prugger freut sich über Rückmeldungen. Bitte per E-Mail an irene.prugger@inter.at
oder auf dem Postweg an die Redaktion der Tiroler Bauernzeitung, Brixner Straße 1, 6020 Innsbruck.

 

 

 

 

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