02.05.2024
Die Tirol Milch hat zu Jahresbeginn die Milchlieferordnung geändert und wird die Milchabholung von Betrieben mit dauernder Anbindehaltung einstellen. In Deutschland wird schon seit längerem ein Verbot der Milchproduktion in Anbindehaltungsställen diskutiert. In Tirol haben wir andere Gegebenheiten, wäre es hierzulande nicht besser gewesen, noch abzuwarten, ehe man die Betriebe in Umbaulösungen drängt?
In Tirol haben wir mit unserer traditionellen Berglandwirtschaft de facto keine dauernden Anbindehaltungsbetriebe. Die traditionelle Form der Milchwirtschaft in Tirol verbindet die Stallhaltung mit Weidegang oder Alpung der Tiere. Gerade kleine Betriebe, die eine Anbindehaltung im Stall haben, machen dies so. Es wäre falsch, gegen den Wunsch der Konsumenten eine dauernde Anbindehaltung bewahren zu wollen, bei der die Kuh 365 Tage im Jahr fixiert ist. Dies würde letztlich auch unsere traditionelle Form der Kombinationshaltung gefährden, wenn das Stallsystem Anbindehaltung grundsätzlich in Verruf kommt, auch wenn dieses System mit Weide oder Auslauf durchaus akzeptable Tierwohlwerte erreichen kann.
In Deutschland wird ein freiwilliges Tierhaltungskennzeichnungsmodell eingeführt. Glauben Sie, dass andere Länder in puncto Tierhaltungskennzeichnung dem Beispiel Deutschlands folgen werden? Welche Auslandsmärkte bedient die Tirol Milch/Berglandmilch noch und welchen Anteil machen diese Länder aus?
Unser wichtigster Absatzmarkt ist nach wie vor der Heimmarkt und hier gibt es ähnliche Entwicklungen wie in Deutschland. Aber auch in Märkten, welche qualitativ hochwertige Produkte nachfragen, welche auch für uns und unsere Eigentümer einen Mehrwert liefern, spielen Tierwohl und Nachhaltigkeit eine große Rolle. Insgesamt beliefern wir über 40 Länder weltweit, mit einem sehr breiten Produktsortiment.
Wie sieht die prozentuelle Verteilung der Zulieferer der Tirol Milch in den einzelnen Haltungsstufen aus? Wie hoch ist der Anteil derer, die die neuen Vorgaben nicht erfüllen können?
Mehr als die Hälfte der angelieferten Rohmilch in Tirol kommt bereits aus Laufstallbetrieben. Knapp 48 Prozent stammen aus Kombinationshaltungsbetrieben. Mit März 2024 stammte nur mehr etwa ein Prozent der Rohmilch aus Betrieben, welche die Vorgaben des neuen AMA-Gütesiegelprogrammes Tierhaltung+ erst im Laufe des Jahres zur Gänze erfüllen werden. Diese werden natürlich bis Jahresende entsprechende Maßnahmen setzen, so wie es die Lieferordnung seit 1. Jänner 2024 vorsieht, und dann kann auch deren Milch in höhere Vermarktungsschienen gebracht werden.

Wie groß wäre der zusätzliche Logistikaufwand für die Tirol Milch, wenn die verbliebenen ein Prozent der Landwirte nicht die Vorgaben des neuen AMA-Gütesiegel-Programmes Tierhaltung+ einhalten und somit getrennt gesammelt werden müssten?
Wir gehen davon aus, dass alle unsere Mitgliedsbetriebe unter anderem die Vorgaben einer 120-tägigen Bewegungsfreiheit der Kühe im Laufe des Jahres erfüllen werden. Anders als andere große österreichische Molkereien, die eine dauernde Anbindehaltung bereits vor einigen Jahren verboten haben, gab es bei uns lange Übergangsfristen. Diese enden nun mit 2024.
Welche Preisabschläge und sonstigen Konsequenzen drohen den Landwirten, die nicht die Vorgaben des neuen AMA-Gütesiegel-Programmes Tierhaltung+ umsetzen können?
Bei Berglandmilch ist die Einhaltung des AMA-Gütesiegels Tierhaltung+ die Basis für eine Lieferbeziehung.
Wie hoch ist der aktuelle durchschnittliche Milchpreis, den die Tirol Milch ihren Lieferanten zahlt (BIO und konventionell)? Welche Entwicklung des Preises erwarten Sie für die nächsten Monate?
Die kurzfristige Marktsituation ist herausfordernd. Die saisonal national wie international steigenden Rohmilchmengen sind für eine weitere positive Marktentwicklung nicht förderlich. Wir gehen dennoch von einer festen Rohmilchpreissituation aus. Wie sich die Märkte nach dem Sommer entwickeln werden, hängt nicht zuletzt von der weiteren Rohmilchanlieferungsentwicklung ab. Der Rohmilchpreis für Premiummilch liegt bei brutto 54,01 Cent/kg (netto 47,80 Cent/kg). Die Zuschläge für Bio-Heumilch betragen brutto 15,93 Cent/kg (netto 14,10 Cent/kg). Die Biomilchzuschläge betragen brutto zwischen 7,01 Cent/kg und 11,07 Cent/kg (netto zwischen 6,20 Cent/kg und 9,80 Cent/kg).
Man hört, dass Molkereiunternehmen in Deutschland Milch suchen. Immer weitere Auflagen könnten das Milchangebot reduzieren. Viele Bauern steigen aus der Milchproduktion aus. Geht vielleicht auch der Tirol Milch die Milch aus?
Kurzfristig sicher nicht. In Tirol im Speziellen, aber und auch im Verbund mit der Berglandmilch im gesamten österreichischen Sammelgebiet, haben wir eine sehr gute Versorgung mit Rohmilch. Im letzten Jahr konnten wir in Tirol etwa 100 neue Milchlieferanten willkommen heißen, nachdem deren Verarbeitungsbetrieb die Milchverarbeitung eingestellt hat. Eine gute Rohstoffbasis ist auch wichtig, da die Nachfrage der Kunden sich 2024 zufriedenstellend entwickelt.
In welchem Segment sehen Sie am meisten Marktpotenzial für Ihr Unternehmen?
Wir sehen, dass sich die Marktentwicklungen und Konsumentenpräferenzen immer schneller ändern. Wir wollen daher bewusst sehr breit in unserem Angebot an Milch- und Molkereiprodukten bleiben. Und auch in unserer Kundenstruktur wollen wir uns weiter sehr breit aufstellen. Gerade der Export bietet uns hier noch viele Möglichkeiten. Mit dem hervorragenden Rohstoff unserer Bauern, der von Tierwohl über Nachhaltigkeit alle Voraussetzungen für hochwertige Milchprodukte mitbringt, sind wir für die nächsten Monate und Jahre sehr zuversichtlich.
(Foto: Berglandmilch)

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