Der Tiroler Wald im Wandel

Josef Fuchs, Obmann des Tiroler Waldverbandes, spricht im Interview anlässlich des Tages des Waldes am 21. März über die Herausforderungen der Waldbesitzer und die aktuelle Situation im Forstbereich.

21.03.2024


Die Wälder sollen verjüngt und der Beruf des Forstpersonals für den Nachwuchs attraktiviert werden. Doch für diese Schritte braucht es auch die passenden Rahmenbedingungen. (Foto: Agrarfoto.com)


Herr Fuchs, wie ist die aktuelle Situation im Tiroler Wald?

FUCHS: Besonders im Angesicht des Klimawandels befindet sich die Tiroler Forstwirtschaft in einer spannenden Situation. Durch die Wärme und Trockenheit sind immer öfter von Schädlingen befallene Bäume sowie Käfernester festzustellen.
Auch die Sturmereignisse der letzten Jahre haben ihre Spuren hinterlassen. Wo geschlossene Waldsysteme dadurch aufgerissen wurden besteht großes Potenzial für weitere Kalamitäten wie Bruchschäden, aber ganz besonders Borkenkäferbefall.

Wie steht Tirol im Österreichvergleich da?

In Osttirol ist der Waldzustand fast beispiellos dramatisch. Durch die großflächige Entwaldung durch die wiederholten Schadereignisse treten ja bereits massive Sicherheitsprobleme auf. Hier wird mit allen Mitteln an einer raschen Wiederbewaldung gearbeitet. In Nordtirol sind bei den Sturmereignissen im Juli 2023 rund 664.000 Festmeter Schadholz angefallen. Großflächige Dürreschäden und abgestorbene Wälder, wie sie vor wenigen Jahren im Nordosten Österreichs aufgetreten sind gibt es ansonsten bei uns nicht.

Wie reagiert man auf diese Herausforderungen?

In tiefen Lagen wird es aufgrund des Klimawandels für die Fichte immer schwieriger. Wichtig ist es daher, die Wälder zu verjüngen und einen gemischten Altersbestand sicherzustellen. Bei Sturmereignissen hält ein solcher Wald besser Stand, denn Jungbäume sind in der Regel von Sturmschäden weniger betroffen und können die Funktion der Altbäume in den kommenden Jahren übernehmen. 
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Einbindung von Mischbaumarten. Man sollte nicht nur auf eine Baumart setzen. Die klassische Tiroler Fichte hat natürlich weiter ihre Berechtigung, eine breite Aufstellung bringt aber Sicherheit.

Der Borkenkäfer bedroht die Forstwirtschaft. Wie akut sehen Sie die Gefahr?

Leider ist flächendeckend und überall von einem gesteigerten Risiko auszugehen. Während man in früheren Jahren von einer Schädlingsgefahr nur unter 1.000 Meter Seehöhe ausging, sind nun Borkenkäferschäden bis hinauf zur Baumgrenze festzustellen und Waldaufseher und Forstbehörde ersuchen die Waldbesitzer um größte Achtsamkeit und rasches Handeln beim Auftreten von Schäden. Besonders in den letztjährigen Schadholzgebieten ist durch die offenen Wälder das Risiko sehr groß.
Der zu Ende gehende Winter hat keine Kältephasen mit sich gebracht, die den Schädling entsprechend dezimieren könnten. Die deutlich zu hohen Durchschnittstemperaturen sind an sich zu dieser Jahreszeit noch kein besonderes Risiko, die großteils ausreichenden Niederschläge bringen dem Wald zumindest eine Verschnaufpause. Ein ordentlicher Kälteeinbruch im Frühjahr könnte die Borkenkäferpopulation sogar stark eindämmen.

Gibt es genügend Forstpersonal für die Aufarbeitung?

Die Volatilität des Holzpreises bewirkt auch eine Volatilität der Holznutzung, das heißt, bei unzulänglichen Preisen kann der Bauer kein Holz schlagen. Diese Unverlässlichkeit führte bei Forstdienstleistern zur Abwanderung bzw. Aufgabe ihrer Tätigkeit. Daher arbeiten wir an der Gewinnung und Ausbildung von Forstpersonal. Beispielsweise Gemeinden mit ausreichendem Forstbesitz sollten hier mit gutem Beispiel vorangehen und wieder Forstpersonal beschäftigen und Lehrlinge ausbilden. Der Nachwuchs fällt nicht vom Himmel, die Bewusstseinsbildung um diesen vielseitigen Beruf ist mir ein großes Anliegen.

Oft wird behauptet, die Bauern gehen nicht mehr selbst in den Wald.

Teilweise richtig, viele Bauern arbeiten in Erwerbskombination und Nebenerwerb, die Zeit zur eigenen Waldbewirtschaftung fehlt dann irgendwo. Das Vieh ist täglich zu versorgen, das hat natürlich Vorrang. Dennoch ist der Wald nicht zu vernachlässigen. Es braucht das Engagement ausgebildeter Waldbesitzer, um den Wald gesund zu halten. Außerdem ist es für die Waldbesitzer auch kostengünstiger, wenn sie sich bei kleineren Arbeiten selbst zu helfen wissen. Soweit es den Waldbauern möglich ist, sollten sie ihren Wald kennen und auch selbst bewirtschaften können. Das muss schon den jungen Hofübernehmern mitgegeben werden. Ein Waldbesitzer und Absolvent einer Landwirtschaftsschule sollte auch in der Lage sein, sein Eigentum zu bewirtschaften.

In welche Richtung entwickelt sich der Holzpreis?

Die Prognose für das heurige Jahr sieht nicht sehr gut aus. Nach den letztjährigen Schadereignissen wurde der Holzpreis massiv abgesenkt. Bis Februar hat er sich wieder etwas gefestigt, aktuell verspüren wir aber einen Abwärtstrend. Die Sägewerke sind offensichtlich gut versorgt und nützen dies für Preissenkungen. Kontinuierliches Holzarbeiten wird dadurch zur Schwierigkeit. Die Sägeindustrie hat ebenso Preis- und Absatzprobleme, momentan sind auch die Schnittholzpreise auf dem internationalen Markt nicht gut. Dementsprechend wird der Holzpreis aktuell nicht in den Himmel wachsen. Die Prognosen für die Zukunft sehen besser aus, 2025 erwartet die Industrie ein wesentlich besseres Jahr – wir hoffen, dass das auch bei den Waldbauern ankommen wird.

Welchen Weg möchten die Vertreter der Forstwirte in Zukunft gehen?

Aus Sicht der Forstbehörden wäre es wichtig, mehr Holz zu nützen, um die Verjüngung und den Waldumbau voranzutreiben und den Wald resistenter zu machen gegen Umwelteinflüsse und Schadereignisse. Dazu brauchen wir Forstpersonal – dafür wiederum braucht es eine kontinuierliche Abnahme zu einem passenden Preis, der auch die Kosten der Waldbesitzer deckt. Ansonsten zahlen die Bauern drauf, denn die starken Kostensteigerungen betreffen auch die Forstwirtschaft und müssen abgedeckt werden.

Josef Fuchs,
Obmann des Tiroler Waldverbandes
(Foto: Privat)

 

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